Georg
Wilhelm Friedrich Hegel stammte aus einer Familie, die während der Gegenreformation gezwungen war, von Kärnten ins protestantische
Schwaben, auszuwandern. Er wurde 1770 in Stuttgart, als Sohn eines treuen Staatsbeamten, geboren, wo er die Grundschule und
das Gymnasium besuchte, allerdings, trotz seines Fleißes, kaum als begabter Schüler aufgefallen war. Seine Eltern wollten,
dass er die Laufbahn eines Theologen und Pfarrers einschlug, sodass er schließlich, mit Hilfe eines Stipendiums, im berühmten
Tübinger Stift aufgenommen wurde. Diese Ausbildungsstätte war bei der protestantischen intellektuellen Elite recht beliebt,
auch wenn (oder gerade weil) die Institution einen übertrieben konservativen Eindruck machte und dort Frömmigkeit besonders
groß geschrieben wurde. Etwa zu der Zeit, als Hegel sein Studium antrat, brach in Frankreich die Revolution aus, was freilich
auch unter den Studenten Deutschlands nicht ganz ohne Folgen blieb. Zusammen mit seinen Kommilitonen darunter waren Berühmtheiten,
wie der Dichter Friedrich Hölderlin oder der Philosoph Friedrich Wilhelm Joseph Schelling diskutierte er über die neuen Schlagworte, wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Verfassung und Aufklärung. Dabei
erkannte er zum ersten Mal die Genialität seines Zimmergenossen Schelling, der schon mit vierzehn Jahren, als philosophisches
Wunderkind galt, wohingegen er selbst, fünf Jahre älter, zwar äußerst ehrgeizig, jedoch ohne jeglichen Enthusiasmus an diesem
Fach hing. Überhaupt war Hegel ein sehr stiller, träger, dafür aber auch gutmütiger Mensch, der von vielen im Stift, wegen
seines zurückhaltenden, behäbigen Verhaltens, nur »der Alte« genannt wurde. Hegel interessierte sich schon damals für politische
Fragen, wie die Funktionalität des Staates, der Gesellschaft und der Verfassung, welche später Hauptthemen seiner Abhandlungen
wurden.
Vorher
musste er sich aber noch als Hauslehrer verdingen, während Schelling mit 23 Jahren schon seine erste Professur antrat. Er
nutzte diese Zeit zu intensiver philosophischer Lektüre und Weiterbildung und zum Entwurf erster eigener Werke. 1801 konnte
sich Hegel, durch die Hilfe Schellings, schließlich in Jena, der damaligen Hauptstadt der deutschen Philosophie, habilitieren
und wurde dort außerordentlicher Professor. Leider wurde er dort so schlecht bezahlt, dass er lieber das Angebot, Rektor eines
Gymnasiums in Nürnberg zu werden, annahm, als weiterhin am Hungertuch nagen zu müssen. 1807 veröffentlichte er endlich, mit
36 Jahren, seine erste Abhandlung: Die »Phänomenologie des Geistes«, über welche sich bis heute die Philosophieprofessoren
den Kopf zerbrechen. 1816 erlangte Hegel dann schließlich eine Professur an der Universität in Heidelberg. Von diesem Erfolg
ermutigt, heiratete er bald ein 20jähriges Mädchen aus gutem Hause, mit welcher er sich sein ganzes Leben lang gut verstand.
1818 folgte dann auch schon seine Berufung zur Berliner Universität, wo es Hegel schließlich zu Ruhm und Reichtum brachte.
Auf einmal waren seine Vorlesungen überfüllt, und neben Studenten kamen auch einfache Bürger zu seinen Vorträgen, obgleich
sie wohl nur das Wenigste verstehen konnten.
Natürlich
löste das bei seinen Kollegen großen Neid aus, sodass sein Verhältnis zu dem Theologen Schleiermacher, ebenso schlecht war,
wie jenes zu dem jungen Philosophen Arthur Schopenhauer, der gar nicht genug über ihn schimpfen konnte.
Das zweite
Werk Hegel trug den Namen »Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse«, eine Schrift, die das Prinzip der
Wissenschaften im Allgemeinen aufzustellen suchte. Vor allem aber beschäftigte er sich mit der Philosophie der Geschichte
und war der Meinung, dass es eine notwendige Logik des Fortschritts in der Historik gab. Dann veröffentlichte er noch Vorlesungen
unter dem Titel »Grundlinien der Philosophie des Rechts« , in welchen es ihm ein Anliegen war, den bürgerlichen Staat in seinen
Rechtsformen zu analysieren und die Regierung als Garant von Rechtssicherheit und Sittlichkeit zu postulieren.
Hegel
stirbt 1831 in Berlin während einer Choleraepidemie. Es gibt allerdings Quellen, die vermuten lassen, dass er wohl eher an
einem Magenleiden, das ihn schon lange gequält hatte, gestorben sein dürfte.
Immer
wieder unterstrich Hegel zu Lebzeiten die Wichtigkeit der Philosophie für alle Wissenschaften, einschließlich der Naturwissenschaften,
welche in letzter Zeit eine immer größere Selbstständigkeit genossen. Er wies auch darauf hin, wo der eigentliche Aufgabenbereich
der Philosophie lag, nämlich in der Arbeit an den Begriffen, den abstrakten Ideen unserer Vernunft. Außerdem schuf er die
Dialektik neu, welche darauf basierte, einen Begriff solange konsequent zu durchdenken, bis sich ein Selbstwiderspruch ergab,
der dann mit der ursprünglichen Begriffsdefinition zu einer neuen versöhnt werden konnte. Aus Thesis und Antithesis entstand
also die Synthesis.
Die berühmteste
Behauptung Hegels betraf aber die Existenz eines Weltgeistes, einer absoluten Seele, die sich quer über die Geschichte des
Menschen erstreckte, um sich immer an jenen Orten zu manifestieren, wo die Kultur und Wissenschaft im Fortschritt begriffen
war. So meinte Hegel, der Weltgeist habe zur Zeit der Antike in Griechenland und Rom und zur Zeit der Revolution in Frankreich
gehaust, und habe ruhmreiche Herrscher wie Julius Caesar oder Napoleon beseelt. Leider waren es gerade diese Idealvorstellungen
und Beschönigungen des Staatsgeschehen, welche später den Grundstein für den Faschismus und die Diktatur gelegt haben. Doch
auch Karl Marx und Friedrich Engels waren Hegelianer und bezogen ihr kommunistisches Gedankengut aus der Rechtsphilosophie
dieses deutschen Philosophen.
Wir sehen
also, dass Hegel einer der bedeutendsten Idealisten der Philosophiegeschichte ist, obgleich sein Status in der Weltphilosophie
heftigst umstritten wird und den meisten Menschen das Verständnis für seine Werke abgeht.
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