Der Titel der FBA »Friedrich Nietzsche und der tragische Optimismus« soll
auf das Daseinsverhältnis Nietzsches, als eine Art »Trotzdem JA zum Leben sagen« Bezug nehmen, eine Haltung, die sich nahezu
ausnahmslos über alle seine Werke erstreckt und sich neben der großen Anzahl negativer Werturteile immer wieder als etwas
»Positives« profiliert. Um die Tiefe dieser Anschauung zu begreifen, wird es aber notwendig sein, die gesamte Geistesevolution
dieses Denkers wenigstens im Kleinen nachzubilden, was wiederum eine chronologisch geordnete Erörterung seiner wichtigsten
Gedankengänge voraussetzt. Es ist nämlich unabdingbar, Nietzsche zuerst als Pessimisten zu verstehen, um sich den heroischen
Aspekt seines Optimismus’, der in seiner genialen Empfindungsweise nichts mit humanistischem Philistertum oder naiver
Jenseitserwartung zu tun hat, vor Augen zu führen und artgerecht zu bewerten. Es werden also zunächst seine moralischen, gesellschaftlichen,
künstlerischen, psychologischen und historischen Ansichten eine Rolle spielen, ehe ich das Wesen seines Wirkens formulieren
kann, welches ich in seiner Hoffnung auf eine bessere Art Mensch (d.h. den Übermenschen) zu finden glaube. Dass es dabei,
angesichts der Genialität und Undurchsichtigkeit dieses Denkers, nur bei einem kümmerlichen Versuch bleiben wird, ist mir
völlig klar und ich mache mir darüber keine Illusionen. Doch auch wenn die Gefahr nicht gering ist, ihn völlig mißzuverstehen,
erscheint mir das Risiko verschwindend klein, wenn ich es mit der Notwendigkeit vergleiche, ein ganzheitliches System in das
Chaos seines aphoristischen Stils zu bringen und diesen »freien Vogel«, diesen Freigeist wenigstens einen Moment lang einzufangen,
um hinter das Geheimnis seines Genius zu kommen.
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