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Es brachte das Thema, das ich hier vorzustellen gewillt war, einiges mehr an Schwierigkeiten mit sich, als ich zuvor angenommen hatte.

Da wäre erst mal mein Standpunkt, dass sich eine Philosophie, wie sie Nietzsche geschaffen hat, vollends einer systematischen Gliederung entzieht, sein Werk eher wie ein Labyrinth vor den Augen des Betrachters steht, das zu durchqueren, immer unter der Gefahr geschieht, sich darin zu verlieren und nicht mehr ein, noch aus zu wissen. Dazu kommt, dass kaum ein Wort bei ihm mehr Gewicht zu haben scheint, als das nächste, sprich keine wirklichen Axiome oder Dogmen vorhanden sind, welche sonst das Grundgerüst eines jeden philosophischen Bauwerks bilden, viel mehr nur Gedanken existieren, die scheinbar ohne ersten oder letzten Grund, wie losgelöst, im Freien schwebend, darauf warten, von Händen erhascht und an sich gezogen zu werden, ja welche sogar geneigt sind, sich untereinander zu widersprechen, sodass einmal die, einmal eine andere Theorie sich als die wahre behauptet, ohne dass ein Sieger eindeutig feststellbar wird.

Wie ein Dichter, der seine inneren Regungen in philosophische Weltdeutungen transfiguriert, oder wie ein Philosoph, der lyrisch sich der Irrationalität seines Charakters hingibt, scheint Nietzsche alles andere, als wissenschaftlich erfassbar, seine Philosophie alles andere als rational begründbar zu sein. Wenn ich diesen großartigen Denker jemals verstanden habe, so wohl nur durch die rein intuitiven Ahnungen meines Subjekts, das ich aber, ungeeigneterweise, aus meiner Arbeit so weit wie möglich auszuschließen, verpflichtet war.

Dennoch gelang es mir, eine Verbindung herzustellen, zwischen der Sachlichkeit und Objektivität, die von mir verlangt wurde, und der interpretativen Subjektivität, die mir als einzige deutlich vorschwebte und meine Befürchtungen, dass nach der konkreten Überarbeitung des Nietzscheanischen Werks allein das bloß akzidentielle Skelett seiner Postulate übrig bleiben würde, verwirklichten sich nicht.

Zuletzt will ich das Problem erwähnt haben, dass man über Nietzsche nicht referieren kann, wie über ein historisches Ereignis oder einen physikalischen Vorgang, dass man ihn nicht einmal wie einen Platon oder einen Kant behandeln kann, welche beide ihren Standpunkt relativ klar formuliert haben. Nietzsche will unerkannt, in seinem Wirken unbegrenzt bleiben. Seine Philosophie erlaubt unendliche Möglichkeiten der Ausdeutung. Warum sonst wurde seine Denkweise ebenso von Skeptikern, wie auch von Metaphysikern übernommen, warum sonst berufen sich Feministinnen genauso auf ihn, wie Sexisten, oder Sozialisten, genauso wie Faschisten, oder Atheisten genauso, wie religiöse Sektierer, oder Avantgarde-Künstler, genauso wie Erz-Konservative? – Vielleicht, weil man ihn jedes Mal missverstanden, seinen eigenen Zwecken untergeordnet, ihn in ein subjektives Schema gepresst hat? – Gewiss, aber wie konnte das passieren? – Wohl nur, weil sich Nietzsche niemals eindeutig für eine distinktive Richtung erklärt hat, weil, indem er sich für keine Kategorie bewahrt, er sich für alle geöffnet hat.

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(c) Philemon